Calvin Fliegerbär fliegt nach Berlin Tempelhof
Auf dem Weg zur "Mutter aller Flughäfen" in Berlin
1. Leg: Augsburg - Coburg - 2. Leg: Coburg - Berlin - Vor Ort: Berlin Tempelhof - 3. Leg: Berlin - Augsburg
„Die Mutter aller Flughäfen“ - so titulierte der Stararchitekt Norman Foster den Flughafen Tempelhof in Berlin.
Tempelhof – einer der bekanntesten Flughäfen weltweit. Aber besonders die historische Bedeutung dieses Flughafens machte ihn neben der grandiosen Architektur weltweit bekannt: „Mission Vittles“ rettete mit seinen „Rosinenbombern“ West-Berlin vor dem Tod: Kohle für die Wärme vor dem Erfrieren im Winter und Essen vor dem Hungertod – die bekannten „Guadl“ verliehen dann den Piloten den bekannten Spitznamen.
Mit einer wohl eher unsachlichen Kampagne hat es die Rot-Rote-Regierung in Berlin geschafft, dass dieses Denkmal für die Freiheit geschlossen werden soll.
Die Begründung: Der Flughafen gefährde den Großflughafen BBI – der nicht vor 2012 eröffnet wird. Warum bis dahin der Flughafen Tempelhof nicht in Betrieb sein darf – diese Antwort blieb der Senat schuldig.
Aktualisierung Juni 2010:
Teile des Parks, u. a. mit den beiden Landebahnen, wurden am 8. Mai 2010 als Park der Öffentlichkeit übergeben.
Ein Nutzungskonzept für die Gesamtanlagen existiert immer noch nicht; entsprechend fährt das ungenutzte Gebäude Verluste ein (Erhalt, Sicherung, Heizkosten…).
Traurig, dass so mit einem Denkmal umgegangen wird, dass mehr für Freiheit und Überlebenswille steht als ein Brandenburger Tor.
So war es für viele Piloten selbstverständlich, vor der Schließung Tempelhofs im November 2008 nochmals einen letzten Flug nach Tempelhof durch zu führen.
Für einen Fliegerbären natürlich eine Pflicht und so machte ich mich am 2. Septembär mit zwei weiteren Piloten (Horst und Tom) auf den Weg von Augsburg via Coburg nach Tempelhof.
1. Leg: Augsburg - Coburg
Wir wollten früh starten, damit wir ohne Zeitdruck mehrere Landungen auf dem Weg nach und von Berlin machen konnten, so bspw. in Leipzig.
Allerdings haben wir die Flugplanung mit einer anderen Wetterprognose als der Wirklichkeit gemacht – früh morgens gab es in Augsburg Nebel und in 4000 Fuß eine geschlossene Wolkendecke. An einen Start und Flug nach Sichtflugregeln war also erst mal nicht zu denken.
Genug Zeit, um noch in Ruhe die Startmasse zu erhöhen (umgangssprachlich: ein zweites Frühstück ein zu nehmen).
Eine Stunde später bekamen wir vom Tower (Augsburg besitzt eine Flugverkehrskontrollzone) eine Special-VFR-Freigabe für den Ausflug nach Norden, die wir natürlich nutzten. Um bald darauf eine Landegenehmigung in Augsburg ein zu holen, da sich nördlich von Augsburg an der Donau die Wolkengrenze senkte, so dass an einen regulären Weiterflug nicht zu denken war.
Also nochmals warten und die Wetterdaten zum dritten Mal an diesem Tag einholen: die Wolkenobergrenze liegt bei ca. 5000 Fuß.
Mit landenden Piloten (die nach Instrumentenflug unterwegs waren) unterhielten wir uns und bekamen letztlich die Information, dass über dem Ammersee „Löcher“ in der Wolkendecke zu finden sind.
Also flexibel die Flugplanung geändert und einen Ausflug nach Süden genehmigt bekommen (obwohl Berlin ja im Norden liegt).
Die Münchner Kontrollzone C noch unterflogen und bereits vor dem Ammersee sahen wir es: Unser Loch vom Dienst. Volle Leistung und dann Höhe gewonnen.
Wie die Wettervorhersage es prognostizierte: Oberhalb von 5000 Fuß war alles frei und wir konnten „on top“ die Wolkendecke überfliegen. Kurs Nord nach Coburg.
Nach der Überquerung der Donau löste sich schnell die Wolkendecke auf und klarste Sicht nach vorne machte den Flug angenehm.
Bald war dann auch der Altmühlsee überquert:
Schon fast wie bei einer Modelleisenbahn überflogen wir einen ICE und wir genossen es, endlich unterwegs zu sein.
Auf ein Crossing der Nürnberger Kontrollzone wollten wir jetzt verzichten und flogen daher um den Luftraum C „herum“ -
was uns über den militärischen Flugplatz in Ansbach führte:
Die Landschaft wurde hügeliger (wir merkten es auch an der Thermik) und bald konnten wir die zwei Hügel Coburgs erkennen: Auf dem einen steht die berühmte Burg, auf dem anderen liegt unser Zielflugplatz. Von weitem schauten die beiden Hügel allerdings aus wie ein einzelner Hügel:
Der Flugplatz Coburg ist bekannt für seine „Flugzeugträgerlandung“ für Anflüge bei Ostwind:
Die Landebahnschwelle liegt direkt auf einer Kuppe, daher auch die „fallende“ Landebahn.
Die Landebahn von Coburg hat auf 890 Meter Länge ein signifikantes Gefälle.
Anspruchsvoll, aber auch interessant.
Wir hatten allerdings Wind aus Osten und somit eine steigende Piste vor uns – also den Propeller bei der Landung beschleunigen,
damit wir aufwärts weiter rollen konnten.
Von einem der Rollwege ergab sich dann ein Bild der Burg, die optisch direkt an der Landebahnschwelle liegt:
Zum Bezahlen der Landegebühr ging es dann zum Tower des Flugplatzes - das Schild mit dem "C" steht schlicht für "cassa":
Auf dem Turm fix die Gebühr bezahlt, noch ein bisschen gequatscht und die nächsten Wetterdaten für den Weiterflug eingeholt:
Dann noch schnell vom Tower aus ein Bild auf die Burg – die Landebahnschwelle ist gerade nicht mehr sichtbar
und befindet sich links unten am Grasstreifen. Hier ist die Schwelle schön zu erkennen:
Und natürlich noch ein Blick vom Turm auf unser wartendes Flugzeug:
2. Leg: Coburg - Tempelhof
Ein Flugzeug soll mensch und bär nicht warten lassen uns so ging es ganz schnell vom Turm runter, um unser Flugzeug wieder
startklar zu machen, damit es weiter Richtung Tempelhof gehen konnte.
Der Wind hatte sich gedreht und so ging es zum Start schnell beschleunigend die Piste abwärts.
So wolkenfrei es bei Coburg war – sobald wir wieder über dem Mittelgebirge nordwärts flogen, bewölkte es sich erneut.
Da hieß es einfach wieder wie schon einmal heute:
Propeller schneller drehen lassen, Fahrt aufholen und dann Geschwindigkeit gegen Höhe tauschen, um „on top“, oberhalb der Wolkendecke, weiter zu
fliegen.
Aber immer öfter kamen Löcher durch die Wolkendecke und liessen uns die wundervolle Aussicht geniessen:
Ein Vorteil der Höhe: Eine Geschwindigkeit von 130 Knoten gegenüber Grund (im GPS-Display rechts unten unter "GS" (ground speed) zu sehen):
Und wieder staute sich vor uns eine größere Wolkendecke auf - da aber kein Luftraum Charly vor uns ist, konnten wir auch hier getrost oberhalb
der Wolken weiter fliegen.
Aber trotz Wolken und Wind war der Flug ganz angenehm (es wird ja immer ein Wackeln und Schaukeln erwartet, sobald Nicht-Flieger
was von Wind und Thermik hören) und interessant – auch wenn ich mal ausnahmsweise hinten saß:
Aber auch diese Wolken hatten ihr Ende und so sahen wir immer öfter immer mehr vom Boden – beispielsweise
viele Badeseen, die vormals Gruben vom Tagebau waren:
Dann lag vor uns der Flughafen Leipzig-Halle – im Vorfeld planten wir, hier eine Zwischenlandung ein zu legen, aber die Wolken
zwischen uns und dem Flugplatz und den Verlust der Höhe bei perfektem Rückenwind führten zu der Entscheidung, hier keinen Stop einzulegen.
So ging es weiter Richtung Berlin.
Der Flughafen ist ganz klein unter der Wolkenschicht zu sehen.
Anschliessend flogen wir noch über eine wohl am Zeichenbrett entstandene Siedlung:
Endlich konnten wir "sie" erkennen: Der erste Blick auf die Elbe (hier übrigens ein Biosphären-Reservat) – dahinter bereits Brandenburg.
Die ersten Seenplatten kündigten uns an, dass wir uns unserem Ziel näherten.
An Berlins südlichem Rand liegt nicht nur eine schöne Schlossanlage – von weitem schon erkennbar:
Mit Freigabe durch den Controller ging es näher an das Schloss heran:
Ja, dort könnte ich es aushalten, wenn das Schloss auch einen Hubschrauberlandeplatz hat.
Ein kleines Gästehaus für den Besucht gibt es auch:
Und dann ging es wieder Richtung Osten zum Einflugpunkt in die Kontrollzone Delta des Flughafen Tempelhof.
Anzumerken ist: in den letzten Betriebsmonaten des Flughafen Tempelhof wurde die „historische Frequenz“ 118,10 MHz verwendet.
Ein kleiner Tribut an die lange Geschichte des Flugplatzes.
Der Einflugpunkt war leicht zu finden dank breiter Autobahn im Wald:
Kaum innerhalb der Kontrollzone ging es über die Dächer Berlins:
Kleine Häuser, große Häuser – irgendwo müssen ja die Bewohner eine Millionenstadt leben:
Und zum Ausspannen gibt es Schrebergärten:
Eine kleine Funkanlage gibt einen guten visuellen Referenzpunkt für Tempelhof ab:
Hier sind wir bereits im Gegenanflug der Piste 27L:
Eindrehen für den Queranflug:
Bis zum Anschneiden der finalen Landelinie gibt es immer wieder schöne Ausblicke auf die Stadt Berlin:
Inklusive den Rundfunkturm „Alex“ natürlich:
Endlich waren wir im Final inklusive Landeerlaubnis – zum Glück für eine „lange Landung“, damit wir nicht
endlos auf der 1.840 m langen Piste rollen müssen:
Nach dem Aufsetzen ist Zeit, um den ersten entspannten Blick auf die Anlage Tempelhof zu werfen:
Das Queren der Piste 27R wurde genehmigt:
Eine kleine Überraschung: Ein Follow-Me-Auto wartete unaufgefordert auf uns, um uns einen Abstellplatz zu zu weisen:
Willkommen in Berlin Tempelhof.
Berlin Tempelhof
Bevor es zum Geniessen des Flugplatzes und dem erfolgreichen Erreichen des Zieles kommt, mussten wir erst den üblichen Check und Bürokratie erledigen.
So folgte auf den Follow-Me gleich der Tankwagen.
Zwar ist Berlin wesentlich teurer als bspw. Hof, aber so konnten wir uns für den Rückflug
einen weiteren Zwischenstop für das Tanken sparen.
Noch schnell diverse Unterlagen kontrollieren, den Tankwart bezahlen, Formalitäten des Berliner Flughafens ausfüllen und dann
endlich durch atmen und die Atmosphäre geniessen:
Im Mittelpunkt des Fotos ist der 71 m hohe Radarturm des Flughafens zu sehen.
Ihn erbauten die Amerikaner 1982 und wählten bewusst ein modernes Design als Kontrast zum Tempelhofer Flughafen.
Die Stützen waren so konstruiert, dass ein Schwanken des Turmes durch Wind sich nicht auf die Radarbilder auswirkte.
Eine schöne Dash 8 wartete auf unserem Weg zum Terminal – kennen wir doch irgendwie aus Augsburg:
Einige Tore der gewaltigen Hallen des Flughafens waren geöffnet und so konnten wir schöne Flugzeuge und die Hallen bewundern:
Am Boden sind die Schienen der Tore zu sehen – nicht einfach nur zwei, sondern viele, um die gesamte Hangar-Breite zu öffnen:
Geschlossen schaut das dann so aus - der Charme des Alten und Benutzten:
Auf dem Weg zum Ausgang (über schnöde Treppen) dann nochmals ein Blick auf das Vorfeld und den Radarturm:
Und dann hieß es nochmals Bezahlen – diesmal die Landegebühr. Immer diese Menschen und der Austausch von bedrucktem Papier … wo nicht mal
Flugzeuge und Hubschrauber auf dem bedruckten Papier sind ...
Jetzt kannten wir die (interessante) Innenseite des Flughafens Tempelhof, aber auch die Außen-Fassade, welche Normalsterbliche sehen,
wollten wir uns anschauen. Wenn schon denn schon.
Ganz wichtig natürlich: Der Platz der Luftbrücke.
Mit diesem Monument wird all jener Menschen und Piloten gedacht, die eineinhalb Jahre alles gaben, um die Bevölkerung
des eingeschlossenen West-Berlin am Leben zu erhalten.
Besonders wird jenen gedacht, die dafür ihr Leben gaben.
Ein Blick auf das Denkmal gen Himmel:
Dann ging es zurück zum Terminal:
Noch etwas entspannen, einen Kaffee trinken und was futtern, bevor es zurück geht:
Zum Flieger ging es durch die hehre Halle des Flughafens:
Ein Fliegerbär grüßt einen Berliner Bären:
Kurze Kontrolle am Ausgang (ja, wir sind Piloten) und dann standen wir schon wieder am Vorfeld:
3. Leg: Berlin - Augsburg
Nach diesem Erlebnis hieß es: Fertig machen für den Rückflug nach Augsburg.
Beim Ankommen erwartete uns ja der Follow-Me, für das Rollen zur Startposition mussten wir aber jetzt erst mal die Vorfeld-Frequenz belasten.
Erstaunlich: Initial-Call und dann die Genehmigung – mehr Kommunikation gibt es nicht.
Und dafür eine eigene Frequenz mit eigenem Controller ….
Da der Wind die Richtung nicht geändert hat, war unsere Startbahn die 25L – was dazu führte, dass wir erst mal ein paar Kilometer zur Startposition rollen durften.
Dabei kamen wir auch am Radarturm vorbei:
Es folgte der letzte Check vorm Starten und mit der Startgenehmigung ging es aufwärts:
Letzte Abschieds-Blicke auf die gesamte Fluganlage und das Vorfeld:
Und dann waren wir wieder über Berlin auf der Abflugroute:
Ein letzter Blick zurück auf die Runways:
Unser Einflugspunkt (die Autobahn) wurde auch zum Ausflugspunkt und wir verabschiedeten uns von Berlin Tempelhof und seinem Controller.
Über nunmehr bekanntes Gebiet (hier die Seenplatte) hieß es nun Kurs Südwärts.
Die Elbe begrüßte uns bald – der Rückflug kommt uns kürzer vor als der Hinflug, allerdings stimmte dies nicht – diesmal hatten wir keinen Rückenwind.
Flüsse und Seen, natürliche und künstliche, lachten uns in der Nachmittagssonne an.
Schade, dass wir kein Wasserflugzeug haben, sonst gäbe es hier eine spontane Zwischenlandung mit Schwimmeinlage.
Und noch eine große und beeindruckende Übertagebau-Anlage:
Aus manchen „Gruben“ wurden Badeseen, aber auch Wasserkraftwerke:
Über die „Burg Feuerstein“ (ein bekannter Flugplatz in Bayern) ging es um die Flugverkehrskontrollzone von Nürnberg herum.
Und der „direct vector“ führte uns exakt über die Gärtnerei von Matze, meinem Bandenmitglied, der auch noch heute Geburtstag hatte:
Wir haben noch fest mit den Flügeln als Gruß gewackelt.
Bald kamen wir dann mehr als rechtzeitig in Augsburg an und legten noch eine erfolgreiche Landung (Flugzeug kann wieder verwendet werden) hin.
Welch ein schöner und beeindruckender Tag mit vielen Erlebnissen!
Thank you Tempelhof!
Einige externe Link
Flughafen Coburg "EDQC"
Flughafen Tempelhof auf Wikipedia
Video mit Tonaufnahme des letzten Funkspruchs von Tempelhof auf YouTube
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