Ugly Sticks

Kanada

An Toms 30. Geburtstag waren wir mit 32 Jugendlichen Zelten am Lake Superior in Kanada. Wir verbrachten dort einen wunderschönen und sehr entspannten Tag mit spannenden Wanderungen (Blue Trail!), im See baden, Lagerfeuer geniessen, Kässpatzn hobeln und essen und und und... so nahmen wir uns vor, Toms nächsten runden Geburtstag erneut dort zu verbringen.
Die Planung für die Route dazu stand, allerdings war klar: die Tocher war gerade erst ein Jahr alt. Daher wurde entschieden, dass Tom alleine fliegt bzw. mit dem Sohn. Nur sagte der Sohn: "Papa, mir ist egal, wo Du feierst. Aber Hauptsache, mit uns allen." Die Entscheidung war dann einfach: wir feierten gemeinsam daheim (bzw. am Flughafen).

Langsam steht nun der nächste Geburtstag mit einer "0" hinten an und erneut ruft der Lake Superior in Kanada.
Zeit, für eine "Safe the date (und money)-Ankündigung".Passend dazu gibt es "Ugly Sticks", wie sie gerne in Teilen Kanadas mit einer guten Prise Ironie als Musikinstrument verwendet werden. Dann bauen wir diese mal.

Ugly Sticks

Was für einen Ugly Stick benötigt wird:

  • Ast
  • Nägel (ca. 10 cm lang)
  • Kronkorken
  • Luftballons
  • Gips
  • Wolle
  • Heißkleber
  • Edding

Humor hilft auch.

Grundlage für Ugly Sticks sind gut getrocknete Äste. Die findet man entweder im Baumarkt zu überteuerten Preisen oder auf ausgedehnten Spaziergängen auf dem Waldboden. Manchmal inklusive wunderbaren Sonnenuntergängen, die auch an Kanada erinnern:

Abendstimmung

Mit einem scharfen Taschenmesser können die Äste entrindet werden - was eine meditative Arbeit sein kann. Besonders schön, wenn es dabei auch einen Espresso gibt. Danke an dieser Stelle an die Frau des Hauses.

Espresso

Danach geht es darum, den Ast zum Scheppern zu bringen. Dazu werden Kronkorken verwendet, welch auf einen Nagel aufgespannt werden. Durch das Klopfen des Stockes auf den Boden scheppern die Kronkorken und ergeben einen angenehmen Rythmus.
Nach dem Sammeln der Kronkorken (10 Stück pro Nagel) werden Pfote mal Pi in der Mitte Löcher für die Nägel gebohrt, die Bohung sollte dabei leicht größer sein als der Durchmesser des Nagels. Erstaunlich ist dabei, wie unterschiedlich die Qualität der Kronkorken sein kann: manche lassen sich butterweich durchbohren, andere benötigen deutlich Kraft, bis das Loch erschaffen ist.

Kronkorken

Nach dem Aufziehen der Kronkorken auf die Nägel können letztere in den entrindeten Ast geschlagen werden - ob mehrere auf einer Höhe eingeschlagen werden oder auf verschiedene, bleibt jedem selbst überlassen - nur der Halt sollte gegeben sein.

Nägel mit Kronkorken

Am unteren Ende des Stocks wird nun ein Schuh angebracht. Vorbildlich ist es, wenn diesen Schuh niemand mehr an hat und auch der Besitzer nichts mehr dagegen einzuwenden hat. Auch Regenstiefel bieten sich an.

Schuhe

Ein erster Stampftest ist erfolgreich, wenn es zwar scheppert und klirrt, aber nicht weil ein Fenster zu Bruch ging oder ein Nagel abfiel.

Test

Am oberen Ende des Stocks wird nun ein Kopf modelliert. Am einfachsten ist dies, in dem ein aufgeblasener (!) Luftballon dort befestigt und mit nassen Gipsrollen überzogen wird. Manche Erinnerung an vergangene Gruppenstunden tauchen dabei auf, neue entstehen, wenn die Frau über die mit Gips verzirrte Terrasse schimpft.
Die Formen der Köpfe ist individuell anlegbar: rund, länglich, nach unten schauend - der Kreativität sind nur Grenzen der Gravitation gesetzt.

Kopf

Die Haarpracht ist gefragt - in unserem Fall probierten wir mehrere Varianten aus: nur gräulich oder bunt. Einfach an einen langen Wollfaden kurze Stücke anknoten, bei farbigen Haaren nach Zufall oder Muster knüpfen. Mit etwas Glück hilft auch das Mädel des Hauses mit, alternativ helfen auch Stuhllehnen.

Graue Haare Bunte Haare

Das Knüpfen der Perücke erleichtert sich, wenn dazwischen kein Besuch eines Tiggers kommt und auf seine Art und Weise hilft:

Tigger

Die Perücken nun auf den Kopf anbringen, dort befestigen (Heißkleber bietet sich an) und mittels Edding, Kreiden und Schminksachen wie Nagellack (so Mädelskram eben) das Gesicht erstellen und verzieren. Wer möchte, kann auch noch leere Dosen etc. als Hut anbringen.

Gesicht I Gesicht II

Unser erster Ugly Stick sah dann wie folgt aus:

Ugly Stick

Die Größe war eher zu groß, aber für die befreundete Familie genau richtig. Die nachfolgenden Ugly Sticks wurden dann deutlich kleiner.

Damit sind die Ugly Sticks fertig, es folgt sogleich Teil II:

Der Brief

Wieso Weshalb Warum - dafür gab es neben einer kurzen Erklärung bei der Überreichung des Ugly Sticks auch einen Brief. Auf der Rückseite das übliche Blabla inklusive dem Kleingedruckten, auf der Vorderseite sollte eine Landkarte zu sehen sein. Da das Treffen am Lake Superior im gleichnamigen Provincial Park stattfinden soll, bietet sich die Küstenlinie und die zwei Flüsse (Sand River, Agawa River) als markante Punkte an. Die weitere Befüllung bleibt dann der Phantasie überlassen.
Der erste Entwurf war noch aus dem Kopf gezeichnet (Küstenlinie, nur ein Fluß), der zweite ist dann genauer:

Entwurf I Entwurf II

Während des Zeichnens meldete er sich und kommentierte auf den ersten Blick, dass einer der Seen wie ein Penis ausschauen würde...

Penis

Das wurde schnell korrigiert - so pubertär soll die Karte dann doch nicht werden. Als der Reinentwurf dann in Ordnung war, wurde er mehrmals kopiert. Die eigentliche Arbeit stand nun an: mittels Tuschefarbe und verschiedenen Strichstärken die Karte zum Glänzen bringen und mit dem Schraffieren der Berge mittels Bleistift eine Tiefe geben. Das Ergebnis sah dann wie folgt aus:

Landkarte

Dem aufmerksame Beobachter wird aufgefallen sein, dass zwei Strahlen beim Kompass fehlten - dies wurde noch rechtzeitig korrigiert.
Jetzt noch zusammen rollen und mittels einer Kordel fesseln. Die Krönung ist dann das Versiegeln des Briefes.

Fertig zum Überreichen der Einladung inklusive eines Ugly Sticks.

Einer sehr guten Freundin, die leider im hohen Norden wohnt (aber auch mal im tiefsten Süden wohnte - ganz tief im Süden, so südlich, dass sie dort vielen Pinguinen begegnete), konnte Corona-bedingt kein Ugly Stick übergeben werden. Aber ihr und ihren vier Kindern wurde ein Paket geschickt: als erstes all die benötigten Zutaten für einen Ugly Stick einpacken (ohne den Ast, auch nicht als als Bausatz mit Sägespännen), dazu eine Anleitung und oben auf die eigentliche Einladung.

Paket Paket II Paket III

Das ganze ging dann als Überraschung mit sehr breitem Grinsen via Post in den hohen Norden (aber nicht so weit nördlich, dass sie dort Eisbären begegnet). Welch ein Spaß.

Zum Schluß noch ein kurzer Film, der zum Testen eines neuen Gadgets entstand. Da bot sich das Zeichnen als Probelauf mit dem neuen Spielzeug einfach an.

Film zum Zeichnen.

www.fliegerbaer.de